9.9.2019 Morgens kurz nach vier Uhr wache ich auf, bin noch innerlich rosa vom Sonntag in der Heide und denke: Ich muss da wieder hin! Der Rucksack liegt schon bereit, draußen ist es sternenklar. Um fünf Uhr sitze ich auf dem Rad, die Navigationsstimme schallt seltsam fremd durch die nächtliche Stille. Nach zwei Kilometern halte ich noch einmal an, ziehe die Weste über die Jacke. Es ist kalt. Die Route führt geradeaus, ein Radweg neben der Autostraße, mein kleines Fahrradlämpchen das einzige Licht, rechts und links Bäume, keine Laternen. Wenn ich stehen bleibe ist es ganz dunkel, nur die Scheinwerfer der Autos rasen immer wieder an mir vorbei. Es ist kalt, es ist dunkel, es geht geradeaus. Nach ungefähr 15 Kilometern soll ich links abbiegen, die Straße verlassen. Ein Hase springt über den Weg. Ich schiebe das Rad ein Stück, um wieder warme Füße zu bekommen und den Pfad zu prüfen. Kein Asphalt mehr, sondern Sand und Schotter.
Ich bin in der Heide.
Um mich herum eine schwarze Weite, ein verschlucktes Rot, wie ausgetretenes Feuer. Hier und da glimmt etwas, das der Dunkelheit widerspricht. Scherenschnittartig lösen sich Konturen aus der Finsternis, Bäume, Sträucher. Das Heiderosa ist unter einem grauen Schleier verborgen. Dann ist alles blau mit einem Mal, ein Nebelstreifen liegt am Horizont wie ein weiches Schaffell. Ich kann allmählich die Wegweiser erkennen, das Navigationsgerät ist ausgeschaltet Das Surren meiner Fahrradreifen auf dem Sand ist zu hören, sonst ist es still.
Ich biege zum Pietzmoor ab, eine Ente fliegt erschrocken auf. Die Sonne schiebt das Schaffell zur Seite, blickt in den Spiegel des Moorwassers, zupft sich einen Hauch Rot auf die Stirn. Es ist sieben Uhr, windstill, feucht und kalt. Ich schiebe das Rad auf den glitschigen Holzbohlen, fotografiere, biege Richtung Heidegarten ab. Mehrere Gärtner sind damit beschäftigt, das vielseitige Caluna- und Erica--Beet zu pflegen. Ein Kunstwerk an der Grenze zwischen Heide und Stadt. Neugierig folge ich dem Wegweiser zum „Höpen“, dem „Haufen“, der als Aussichtspunkt bekannt ist. Ich parke mein Rad an einer Bank, lege den Rucksack und den Helm ab und laufe eine Zwei-Kilometerm-Runde, um mich aufzuwärmen.
Ich renne in die Senke vor der Bank zwischen Wiese und Wald, dann nach links mit Blick auf die Heideblüte und schließlich an einem Baum vorbei zurück zu der Holzbank. Drei Mal renne ich die Runde, jedes Mal wird die Aussicht ein wenig mehr lila und rosa. Die Sonne hat sich einen Wolkenwaschlappen umgehängt, ihr kleines Badezimmerlicht leuchtet herüber, ich sehe einen ersten Spaziergänger.
Es ist Tag.
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