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Wind und Deich

Wind und Deich

Loch im Knie, Handgelenk geprellt, der Sommer hatte mich nicht nur mit gebräunter Haut ausgestattet. Aber ich war in Otterndorf, um die derzeitige Stadtschreiberin Ines Burdow und die Stadtmalerin Ivette Kießling zu erleben und hielt Ausschau nach sportlichen Herausforderungen.

Der Windmühlenlauf in Nordholz ist immer eine Reise wert und so strampelte ich die 25 km mit dem Fahrrad dorthin. So ein Lauf ist nicht nur ein sportliches Ereignis, sondern auch ein Plaudern, Freunde treffen, Kuchen verzehren. Die Hitze war hier norddeutsch zurückhaltend und so gab es ideale Bedingungen, um nachmittags um 17 Uhr auf die Halbmarathonstrecke zu gehen.

Startschuss, Läufer vor und hinter mir, ein buntes Treiben entlang der geraden Feldwege. Dann kam der Wendepunkt für die Zehnkilometer-Läufer und plötzlich war ich allein. Die schnellsten Halbmarathonis außer Sichtweite, hinter mir niemand zu hören.

Keine Läuferleute, kein Publikum, der Wald und ich und die kleinen weißen Pfeile, die uns den Weg wiesen. Dann die Ecke mit Wasser, Äpfeln, Bananen und ein freundliches „Greif zu“, schon ging es hinaus zum Deich und der Wind blies so stramm von vorn als wollte er mich aufhalten.

Hat er nicht geschafft.

Aber die Kilometer bis es endlich zur Deichkante hoch ging, zogen sich. Grün und geradeaus, mehr lässt sich zur Strecke nicht sagen. Der Blick über die Deichkante enthüllte ein weites Nichts, dann mit Rückenwind zurück. Immerhin, auf den Wendepunkt zu, konnte ich einigen Mitstreitern zuwinken. So ein kurzes Lächeln, die Hand heben, unglaublich wie gut das tut. Ich bin eben doch nicht allein. War ich im Anschluss allerdings wieder.

Deich, Wald, Feld, Windräder, Kühe, das Trappeln meiner Füße.

Bei Kilometer 18 wäre ich gerne stehen geblieben und hätte mich ins Gras gelegt, stattdessen gab es noch einen Becher Wasser und ich überredete meine Beine zum langsamen weiter traben. Drei Kilometer sind nicht weit und können doch endlos sein. Ein letzter Abzweig, ein Streckenposten, dann Abbiegen auf die Tartanbahn und im Lautsprecher werde ich als dritte Frau angekündigt (2:03:31). Mein Liebster steht mit der Kamera bereit und alles ist nur noch gut. Meine Altersklasse habe ich mangels Konkurrenz gewonnen. Dabei kann ich die Strecke wirklich empfehlen, sie hat etwas Meditatives.

Mit Medaille um den Hals ging es danach auf zur Rückweg-Meditation durch das platte Land. Nach so einem Lauf ist Radeln eine Wohltat. Und noch wohltätiger ist die Apfelschorle danach und der Liegestuhl. Day over, gerne wieder.

29. Juni 2025