„Den Weihnachtsmann gebe ich ihnen schon mal“, sagte der blonde Zwölfjährige kaum, dass ich den Raum betreten hatte und streckte mir ein prächtiges Papierexemplar entgegen. Offensichtlich wollte er nicht erst abwarten bis ich etwas vorgelesen hatte.
Freitag, 17.November 2023, bundesweiter Vorlesetag und als Teil der regionalen Veranstaltungsreihe „Moorlesen“ war ich an die Oste-Hamme-Schule in Gnarrenburg eingeladen. Es waren knapp zwei Stunden Zeit, um Siebtklässlern vorzulesen.
Kinderbücher schreibe ich nicht, hatte ich im Vorfeld klargestellt. Aber ich bin der Ansicht, dass meine Texte durchaus Jugendlichen zugemutet werden können. Es zeigte sich, dass ich mit dieser Einstellung Recht behielt. Ich hatte verschiedene Texte im Gepäck und war bereit zu experimentieren. Immerhin war die Klassenlehrerin initiativ auf mich zugekommen, weil sich ihre Klasse Mal eine „echte“ Schriftstellerin gewünscht hatten.
Auf die Frage, ob sie gerne Bücher lesen würden, zeigten immerhin die Hälfte der Kinder auf, was mir den Einstieg schon Mal erleichterte. Ich begann vom Laufen zu erzählen und welches Abenteuer es gewesen ist, 100 km an der Ruhr entlang zu laufen. Wenn ich von meinen Erlebnissen vorlese, bin ich selbst immer wieder ganz und gar begeistert und erlebe diese besonderen Augenblicke noch einmal. Offensichtlich war die Begeisterung ansteckend. Die Kids erzählten von Karate, Fußball und Laufstrecken, die sie schon meisterten. Ermutigt von den aufgeschlossenen jungen Menschen, lud ich sie ein, mit mir gemeinsam Gedichte zu inszenieren. Es fanden sich schnell Freiwillige, die eine Refrain-Zeile mit mir im Wechsel rezitierten. Es machte allen Beteiligten sichtlich Spaß, auch wenn manches im Gelächter unterging. Später widmeten wir uns sogar noch einem Moor-Gedicht, das so richtig in diese Landschaft passte. Drei Gruppen mit je fünf Kindern sprachen „Das Licht“, „der Himmel“ und „Der Wind“ während ich die Moor-Gedichtzeilen rezitierte. Es war beeindruckend, wie schnell die jungen Menschen lernten mit Betonung und gutem Ausdruck zu sprechen.
Zwischendrin war auch Zeit, um den Kindern Fragen zu beantworten. Sie wollten wissen, wie viele Bücher ich schon geschrieben habe, welches sich gut verkauft, seit wann ich schreibe, aber auch, ob ich Haustiere habe und wie alt ich sei. Da alle so interessiert waren, mutete ich der Klasse auch eine ernste Geschichte von einem einsamen 13jährigen Mädchen zu.
„Ich finde die Geschichte sehr glaubhaft,“ sagte ein Junge anschließend nachdenklich und viele nickten.
Die Zeit verging auf diese Weise wie im Flug. Am Schluss bekam ich noch einen großen Präsentkorb voller Leckereien überreicht und ich durfte der Klasse ein Buch widmen. Hoffentlich hat das für den ein oder anderen jungen Menschen, die Wunderwelt der Bücher etwas näher gebracht. Für mich war es jedenfalls ein wirklich schönes Erlebnis.
VIGLi, 11/2023