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Mannheim - Mosel

Mannheim - Mosel

Wenn sich Freunde aus Basel und Bochum treffen wollen, liegt Mannheim irgendwie auf der Strecke. Außerdem hatten wir noch eine Rechnung mit der Mosel offen. So entstand der Tourplan: Mit dem Fahrrad von Mannheim nach Koblenz. Mehr als ein langes Wochenende war nicht drin, aber H. und ich waren überzeugt: Das reicht auch für knapp 300 km und rund 1600 Höhenmeter. Die Bahn brachte uns zum Ausgangspunkt. Die erste Nacht in der Jugendherberge war eine gute Entscheidung, man fühlt sich gleich viel jünger.

Das Wetter lieferte statt Spätsommer frischen Frühwinter, aber wir waren ausgerüstet, drei Schichten übereinander und vor allem Mütze, Wollsocken und Handschuhe waren für mich lebensrettend. Anfangs rollten wir durch Industriegebiet, aber bald blieben die Gebäude zurück und plötzlich gab es nur noch Feld und Wiese. Richtung K-Town (Kaiserslautern) fuhren wir lange am Stacheldraht der Bundeswehr entlang, auch Ruheforst und Friedhof fielen mir auf. Irgendwie radelten wir aus der normalen Welt heraus. In K-Town am Schwanenbrunnen stärkten wir uns allerdings ganz weltlich mit Kaffee und Kuchen. Um die weiteren 99 Brunnen zu besichtigen blieb keine Zeit, wir wollten weiter.

Wir hügelten uns pedalierend auf und ab durch den Pfälzer Wald Richtung Hunsrück. Bäume aller Arten, Greifvögel, Rehe. Menschen gab es eher keine mehr. Ziel unserer Träume war schließlich Kirn, ein Dorf irgendwo in dieser großen Weite, wo wir eins der wenigen Quartiere gefunden hatten.

Als wir von dort anderntags wieder aufbrachen, war das Thermometer auf vier Grad gesunken und der Nordwind blies uns entgegen. Deswegen trafen wir wohl auch keine anderen Radfahrer, schraubten uns durch die waldige Einsamkeit bis auf 500 Meter aufwärts, fanden mit Mühe an einer Tankstelle in Rhaunen einen heißen Kaffee und sausten schließlich durch eine waldige Schlucht abwärts bis wir in Traben-Trabach strandeten. Der Gegensatz von wilder Weite und Touristenströmen hätte kaum größer sein können.

Plötzlich waren die Radwege flach und überall gab es Wein zu kaufen und zu kosten, nach Brötchen suchten wir dafür oft vergeblich. In Ernst verbrachten wir die nächste Nacht und dort ist im Ernst nichts los außer Grillenzirpen. 5 km weiter in Cochem stolpert dafür selbst an einem Montag Busladung für Busladung an Moselreisemenschen durch die Gassen.

Der Radweg direkt an der Mosel ist zwar flach, aber eingeklemmt zwischen Straße und Fluss wenig erbaulich für zwei Biologen. Deswegen ersann H. Abhilfe und entdeckte eine Fähre. Die brachte uns idyllisch auf die andere Moselseite. Und als wir die Räder vom Kahn schoben, sagte der Fährmann noch: „Der Radweg auf dieser Seite ist aber schlecht.“

Wir hatten also den Asphalt gegen Holpersteine und Schlamm eingetauscht, aber dafür waren wir wieder allein und außen herum war es grün.

Später entdeckte H. sogar noch einen Weinrebenradelweg, wir kurvten durch die Mosel-Schieferstraße und überließen den Straßenradweg den E-Bikes.

Wir staunten noch ein paar Burgen im Nebel an und rollten schließlich nach 285 km am Deutschen Eck in Koblenz ein.

Mit der Bahn sollte es dann wieder in die jeweilige Heimat gehen. Hs Zug fiel allerdings aus und er musste nach Alternativen fahnden. Für mich klappte dagegen alles wunderbar. Weil ich das nicht fassen konnte oder einfach noch so in Gedanken war, verließ ich den Zug allerdings schon eine Station zu früh. Als ich meinen Fehler bemerkte, stand ich aber schon auf dem Bahnhofsvorplatz, witterte die milde Abendluft und dachte mir: Ein bisschen Ruhr nach so viel Mosel ist doch auch nicht schlecht und strampelte die letzten 21 km in den Sonnenuntergang. Fazit: 308 km in drei Tagen und 1000 schöne Augenblicke!

16.9.2024