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Bavaria by bike

Bavaria by bike

„Bei uns gießt es in Strömen“, textete meine Schwester in die Familiengruppe, gerade als ich mich in den Fahrradsattel schwingen wollte. Donner grummelte. Aber wir hatten Theater Tickets und überhaupt. Ich strampelte also los und Petrus hatte ein Herz für Klimaschützer. Er schob die Wolken vor mir her und schließlich saßen wir in der Sonne vor der Glyptothek.

Zwei Schwestern, zwei Freundinnen, ein Neffe und ein Onkel – und anderthalb Tage Zeit, sich zu treffen. Das war eine logistische Herausforderung. Natürlich wohnten wir alle zudem etliche Kilometer voneinander entfernt, die Begegnungen mussten schon geplant werden. Dachte ich jedenfalls bis mir mein Neffe unverhofft am Hauptbahnhof über den Weg lief. Kann ja Mal passieren in so einer kleinen Stadt wie München.

Eigentlich war aber die einzige Möglichkeit, alle Verabredungen miteinander zu verbinden, das Fahrrad. Und das bot zugleich noch die Chance, etwas vom schönen Bayernland zu sehen. Dank des mobilen Radverleihs „Bikebringer“ ist es im Isarland möglich, sich ein Tourenrad an das Hotel bringen zu lassen und ebenda darf man es wieder stehen lassen, wenn die Rückfahrt ruft. Und was soll ich sagen: Radeln in Bayern ist phantastisch. Das Wetter spannte uns zwar bis zuletzt auf die Folter, aber vor oder nach jedem Schauer schien wieder sie Sonne und so wurde ich nur vom Schweiß nass.

Samstag vormittags rollte ich durch Wald und Felder am Weßlinger See vorbei zum Wörthsee. Da empfing mich Schwesterlein für eine Laufrunde und ein Bad im See.

Göttliches Glitzerwasser.

Kaum war ich die 21 km wieder zurück gestrampelt, ging es nach einer Kugel Eis auf Richtung Innenstadt. Da gibt es flachen Asphalt, inneren und äußeren Radlring, Westpark und Theresienwiese, die alle Fahrrad-freundlich daherkommen. Nur am Marienplatz blieb ich zwischen der Masse Mensch stecken, erstaunlicherweise gibt es immer noch Millionen, die das Glockenspiel noch nicht gehört haben und ein Selfie vor dem Rathaus brauchen.

Am Schluss hatte ich nebst tausend tollen Augenblicken einmal 70 und einmal 30 Kilometer auf dem Tacho. Die Regenjacke konnte ich eingepackt lassen, die Umleitungen und Baustellen haben mich herausgefordert, aber letztlich war jeder Radkilometer auch ein Stück weit Sightseeing. Was für ein Augenblick, als ich meinte, mich verfahren zu haben, nach oben blickte und mir die monumentale Bavaria zuwinkte. So intensiv habe ich die bronzene 18-Meter Frau noch nie wahrgenommen. Das unbeleuchtete Waldstück in der Nacht nach dem Theaterbesuch war auch eine Überraschung, weil Navigationsrouten immer nur nach landschaftlicher Schönheit trachten, auch wenn man die dann gar nicht sieht. Immerhin funktionierte das Licht an meinem Rad 1a.

Zwischendrin war ich noch mit den Füßen in der Würm und habe Forellen beobachtet. Fahrrad fahren macht frei und das ist auch die Antwort auf die Frage, wie ich Zeit zum Training finde. Man muss nur genug Kilometer zwischen den Freunden haben, dann klappt das schon.

4.8.2024