Sonntag um 6.15 Uhr stand ich samt Fahrrad vor der Haustür und hatte ein wenig Mühe mein nass geregnetes Handy zu starten. Das brauchte ich für die Navigation, obwohl ich meine Franks eigentlich auch so finden sollte. Diesmal waren sie wahlweise in Bocholt oder Steinbeck. Letzteres ist ca. 125 km von meiner Haustür entfernt und war mein auserwähltes Ziel. Also nicht der Ort sondern die Liga-Franks in Steinbeck. Ein Foto von ihrem wilden Wettkampf sollte meine Trophäe sein. Ist doch viel hübscher als eine Medaille. Die Distanz war für mich als Tagesprogramm nicht das Problem. Allerdings starteten die Franks schon um 12 Uhr, es musste folglich eine Halbtagestour werden.
Ich trat also ordentlich in die Pedale und versuchte die Herner Straße und Recklinghausen so schnell wie möglich hinter mir zu lassen. Ich bin nicht sicher, ob die Gestalten, die mir dort vors Rad sprangen, übernächtigte Kneipengäste oder frühe Kirchengänger waren. Aber Triathleten, die sich ihr Aftershave mit Algennote im Kanal holen, um sich anschließend mit Salz zu verkrusten, findet mancher vielleicht auch absonderlich. Menschen sind verschieden.
Meine erste Etappe bestand vor allem aus Ampeln und Schlaglöchern, von zügigem Vorankommen keine Rede. Bekanntlich ändert sich alles und so auch das. Je weiter ich nach Norden kam desto besser wurden die Bedingungen.
Ich hatte mir vorgenommen, keine Zeit mit Fotografieren während der Anfahrt zu vertrödeln, aber als ein leuchtendes Mohnfeld in mein Sichtfeld geriet, musste ich doch einen Stopp einlegen. Diese Farben! Dieses Leuchten!
Ob ich ein Problem hätte, fragen daraufhin zwei aufmerksame Radfahrer, als sie mich auf dem unterdessen perfekt asphaltierten Weg plötzlich anhalten sehen. „Nein, ich muss nur das Mohnfeld fotografieren“, erwiderte ich und hörte noch wie einer staunend zum anderen sagte: „Sie will ein Mohnfeld fotografieren. Das habe ich gar nicht gesehen.“
Es war aber da, genauso wie das Reh mit dem ich fast zusammen gestoßen bin ,der Hase, der eine Weile neben mir lief, der Bussard, die leuchtend grünen Hügel und sogar die Sonne habe ich gesehen. Zum Glück war in Billerbeck auch genau im richtigen Moment ein Bäcker da, so dass ich schon Mal den Cappuccino trinken konnte zu dem es dann später leckeren Käsekuchen gab. Den hatte Frank BamBam gebacken, weil ihn so ein Wettkampf offensichtlich nicht auslastet. Deswegen ist er anschließend noch nach Hause geradelt, während ich den Sitzplatz im Vereinsbus übernommen habe.
Bis es soweit war, musste ich allerdings noch die Radbahn Münsterland entlang strampeln und von meiner Navigation an einen verschlossenen Drahtzaun geleitet werden. Nur 20 km vor dem Ziel stand ich plötzlich im schönen Wald ohne Weg und mit neu einsetzendem Regen. Nach über 100 Kilometern wieder umzukehren war natürlich keine Option, so schlug ich mich durch das Dickicht und freute mich unendlich, als die freundliche Computerstimme sagte „Die Navigation wird fortgesetzt“.
Kurz danach erreichte ich das Ziel meine Träume, sah den ersten Frank mit seinem Zweirad um die Ecke schießen und brüllte „Blau-Weiß Bochum“.
Aus Bochum wäre ich doch aber wohl nicht als Fan mit dem Rad angereist, zweifelte ein Streckenposten. Doch natürlich, lachte ich vergnügt, dann kam schon der nächste Frank um die Ecke gesaust und ich war glücklich.
Die letzten Kilometer bis zur Wechselzone durfte ich entlang der Wettkampfstrecke fahren, ehe ich mich an der Laufstrecke am Kanal positionierte, um die Franks anzufeuern und abzulichten. Lange warten musste ich nicht, die Herren haben sich alle sehr beeilt.
Zuletzt hatte ich dann nicht nur eine Kuchen-, sondern auch eine Pommes-Beteiligung und fand es sehr elegant mit Chauffeur zurückzureisen während wir bereits alle Liga-Ergebnisse analysieren und feiern konnten. Das eigentliche Ergebnis ist allerdings: Es war ein wunderschöner Tag!