Der Täter kehrt immer wieder zum Tatort zurück, heißt es. Zum Beispiel nach Bottrop. Zum Laufen. Dabei finde ich es eigentlich wichtiger, neue Laufveranstaltungen zu entdecken, wo kämen wir hin, wenn wir bei jedem Wettkampf jedes Jahr wieder antreten würden?
Wahrscheinlich nach Bottrop. Die Langlauf-Adler sind so nett und der Herbstwald ist so schön, da kann ich dann schon schwach werden. Oder besser stark, denn 50 km sind für ein Sonntagsläufchen durchaus herausfordernd. Wegen der geänderten Streckenführung hatten wir diesmal allerdings vier Runden a 12,5 km zu laufen, was gar nicht so weit klingt. Ab Kilometer 38 hat es sich allerdings ziemlich weit für mich angefühlt. Überall bunte Bäume, ein paar Spaziergänger, die sich wundern, warum wir so rennen, Laub-verschüttete Holperwege, die plötzlich Berge aufstellen, obwohl bis Kilometer 25 alles flach war, ganz sicher. Die erste Hälfte des Laufs war sowieso magisch. Es gab diesmal nämlich ein Zeitlimit. Wer für 25 km mehr als drei Stunden benötigte, durfte nicht weiterlaufen. Das kann ich verstehen, selbst Langlauf-Adler wollen irgendwann nach Hause. Deswegen hatte ich mir vorgenommen bereits nach 2 Stunden und 45 Minuten diese Kilometermarke zu knacken, weiterlaufen zu dürfen ist schließlich meine Lieblingsbelohnung. Tatsächlich bog ich dann nach 2 Stunden und nur 40 Minuten auf den Sportplatz und Wendepunkt ein und entlockte einem Streckenposten den Ausruf: „Meine Güte, guck dir an, wie die strahlt“. Das Glück über meinen gelungen Auftakt platzte mir wohl so richtig aus dem Gesicht.
Und überhaupt, die Streckenposten, die waren der andere Grund zum Strahlen. Wenn jemand schlechte Laune haben sollte oder traurig wäre, würde ich ihm als Kur Bottrop empfehlen. Da stehen an jeder Ecke liebe Menschen, applaudieren, reichen Getränke, sprechen Mut zu und man wird unentwegt gelobt. Trotzdem war es nicht nur schön. Ab Kilometer 38 war die Lauferei für mich sehr zäh, ich handelte immer wieder Gehpausen mit mir aus und erkämpfte mir eher Zentimeter für Zentimeter als Kilometer für Kilometer. Mein EInhorn war auch ein bisschen müde, sonst hätte es mich natürlich getragen. Aber dann passierte eben das, was das Ultraleben so schön macht: Irgendwann wurde das Gefühl der Mühsal abgelöst von der Sicherheit: Ich werde es schaffen und ich werde weit unter sechs Stunden, meinem persönlichen Zeitlimit ins Ziel kommen.
In der Tat überwältigten mich meine Emotionen derart, dass ich ein paar Streckenposten um den Hals fallen musste, Tränen liefen und in mir drin war alles Musik. Dann lief ich auf die Zielgerade ein, die lieben Freunde standen schon dort und jubelten mir zu und Bottrop war in diesem Moment nicht einfach Bottrop sondern ein Synonym für Glück. Dass ich dann die Altersklasse gewonnen habe, war das Tüpfelchen auf dem I. Das erste Mal war ich übrigens 2001 in Bottrop, da war ich noch deutlich schneller unterwegs und trotzdem nicht erste. Es lohnt sich eben, Bottrop treu zu bleiben!
10.11.2024